Wenn man gluggert, redet man nicht

„Massnahmen gegen die Mundartwelle“; das Echo der Zeit sendete heute Abend einen interessanten Beitrag. Dieter Kohler besuchte Basler Primarschülerinnen und -Schüler, deren Unterricht konsequent auf Standarddeutsch gehalten ist. Auch beim Werken und Turnen bleibt der Dialekt draussen.

Ein durchschlagender Erfolg: Ein unverkrampfter Zugang zum oftmals ungeliebten „Hochdeutsch“ wird möglich. Es ist einfach zu süss, die Kleinen eifrig Standard parlieren zu hören! Der Höhepunkt ist aber die ausweichende Antwort eines Schüler auf die Frage, ob sie denn auch in den Pausen Standard reden würden: „Zum Teil gluggern wir in der Pause! (…) Und dann muss man gar nicht reden!“

Anmerkung für Nicht-BaslerInnen: „gluggern“ ist das Murmelspiel – allerdings mit einem Regelwerk, das den FIFA Fussball-Regeln in nichts nachsteht und das mit dem Ernst einer Black Jack-Runde im Casino gespielt wird. Doch das ist ein anderes Thema.

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Postfrontale Schaueraktivitäten: Oder wenn Wetter sexy wird

Der Wetterbericht in der NZZ nach Ostern zeigte sich optimistisch:

Näher am Frühling

war damals der Titel und fasste das Geschehen der letzten Tage zusammen:

Während der Ostertage war das Wetter von einer mässigen westlichen Höhenströmung geprägt, die milde Luft vom Atlantik her gegen die Alpen führte.

Der Höhepunkt der Beschreibung der vergangenen Wetterstunden bildet dann dieser Satz:

In der Nacht auf Ostermontag schwächte sich die postfrontale Schaueraktivität allmählich ab.

Postfrontale Schaueraktivität! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen… Weiterlesen

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Von Kernen und Atomen

Aus gegebenem Anlass eine Grafik:

Es handelt sich hier um die Darstellung von Kookkurrenzen zum Wortteil „atom“, wie sie im Deutschen häufig vorkommen.

Warum ist es wohl so, dass… Weiterlesen

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Züri brännt

Je nach Medium heisst es heute in Zürich:

Neonazi-Brandanschläge in Zürich

mit dazugehöriger

Bildstrecke: Schwamendingen brennt

Oder etwas nüchterner:

In Zürich Nord brennen Autos und Briefkästen. Serie von Brandanschlägen

Züri brännt“ hiess es schon mal: Weiterlesen

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Die Inszenierung des Todes

Mir wird ja schon etwas mulmig, wenn ich sowas lese:

Obwohl ich es seit langem wusste, wurde ich von der Nachricht ihres herannahenden Todes emotional schlicht umgehauen. (…)

Ich habe sie nie gemocht. Wie oft habe ich mir gewünscht, in einem der Briefkästen des Hauses (…) möge nur ein einziges Mal eine Mausefalle drapiert sein, die ihr mal ordentlich die Finger klemmt wegen ihr permanenten Verletzung des Briefgeheimnisses.

Nun, da sie bald sterben wird, wird es sentimental und still in mir – denn sie wird mir fehlen – und wie. (…)

Kann das Futur von „sterben“, „sie wird sterben“, im Sinne einer kühlen Feststellung verwendet werden? Gut, verzweifelt die Hände der Patientin haltend, kann ich rufen „sie wird sterben!“, wobei da wohl immer noch der Wunsch nach einer Ausnahme inferiert wird („wenn nicht ein Wunder passiert!“, „wenn man ihr nicht endlich hilft!“). Aber so, im Sinne von: „Sie wird ja bald sterben, das ist wirklich schade…“, als ob ich vom nächsten Personalwechsel in der Finanzabteilung sprechen würde?

Doch, manchmal geht das: Weiterlesen

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Wir bedauern es sehr, uns entschuldigen zu müssen!

Ich bitte um Entschuldigung, dass dieser neue Eintrag so lange auf sich hat warten lassen. Die knappe Zeit hatte es nicht zugelassen, das Sprechtakel zu füttern; ich sah mich gezwungen, die Prioritäten anders zu setzen und wenn jemandem daraus Leid entstanden sein sollte, bedaure ich das sehr. Sorry.

Doch nun frisch ans Werk! Mit dem Entschuldigen ist das ja so eine Sache: … Weiterlesen

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Wenn Ware nicht gleich Ware ist – und warum ein Bostitch im Duden super ist

Linguistisches Wissen ist ja bei Werbeagenturen unheimlich gefragt. Das stelle ich mir zumindest als Optimist vor: Auch Phil-1-Studierende müssen ja irgendwo unterkommen. Und hin und wieder gibt es ja wirklich Werbung, die Sprache auf die Schippe nimmt. Zum Beispiel… Weiterlesen

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Die Sache mit dem Kreuz

Wörter sind oft mehrdeutig – polysem, wie man in der Linguistik sagt. Das ist selten ein Problem, da Wörter nie isoliert, sondern immer in einem bestimmten Kontext auftauchen. Und dann ist meist auch klar, was damit gemeint ist. Insofern war auch die folgende Schlagzeile in der NZZ vom 9. März 2006 auf Seite 57 verständlich:

Unter Kreuzfahrern

Oder sie wurde zumindest verständlich, nachdem man den Rubrikentitel gelesen hat:

Tourismus

Und alle Zweifel wurden mit dem Untertitel ausgeräumt:

Persönliches Bekenntnis eines Schiffsreisen-Liebhabers: Es gibt sie noch, die Delikatessen auf hoher See

Doch ganz unproblematisch ist dieser Titel doch nicht,… Weiterlesen

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Wenn die Wolken wieder kräftig schütten

Die Wettersendung des Schweizer Fernsehens, „Meteo“, ist pure Unterhaltung. Naja, zumindest ziemlich. Und das sage nicht ich, das sagt die Ombudsstelle für Radio und Fernsehen in der Deutschschweiz. Diese hat nämlich Stellung genommen zu eingegangenen Klagen darüber, dass „Meteo“ seit einiger Zeit nicht mehr im hochdeutschen Standard, sondern in Dialekt sendet. Aus rechtlichen Gründen könne man auf diese Klagen nicht eingehen; es handle sich bei „Meteo“ nicht um eine „Informationssendung im engeren Sinn“:

Dialekt-Moderation bei SF-„Meteo“ zulässig. Die für Radio und Fernsehen in der Deutschschweiz zuständige Ombudsstelle verzichtet aus rechtlichen Gründen auf eine Beanstandung der Mundart-Moderation in der Fernseh-Wetterrubrik „Meteo“. Wie Ombudsmann Achille Casanova gegenüber dem Trägerschaftsmagazin „Link“ ausführte, verlange das Gefäss nicht nach der Verwendung der Hochsprache, da es sich nicht als Informationssendung im engeren Sinn definiere.
NZZ vom 9. März 2006, S. 14

Während die NZZ aus dieser bemerkenswerten Meldung nur eine kurze Notiz unter „Kurzmeldungen“ bringt,… Weiterlesen

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Sind Terroristen dick?

Kürzlich ging wieder mal eine Meldung durch die deutschsprachige Presse, die linguistisch höchst interessant ist: „Fettleibige als Sicherheitsrisiko für die USA“ titelte da z.B. die NZZ am Freitag (kostenpflichtiges Archiv), oder der Spiegel „Brandrede: US-Behördenchef vergleicht Fettsucht mit Terror“. Auch der Blick titelte knackig „Terrorist Fett“. In der AP-Meldung wird der Leiter der amerikanischen Gesundheitsbehörde, Richard Cameron, zitiert, der die Semantik von „Terror“ in vielleicht gewagter Weise ausdehnt. Denn… Weiterlesen

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