Sprechtäkeli: Mit Worten die Welt ins Jenseits bomben

Linguistisch ist diese Woche mal wieder die Post abgegangen:

  • Der UNO-Sicherheitsrat versucht sich auf eine Resolution zu einigen [Update: hat sich geeinigt], um auf den erfolgreichen, misslungenen oder nur behaupteten Atomwaffentest in Nordkorea zu reagieren. Bush meint dazu aber:

    Die USA arbeiteten daran, die nordkoreanische Behauptung zu bestätigen, aber diese Behauptung in sich sei schon eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die Stabilität. (NZZ)

    Wir lernen: Die Sprechakttheorie, die behauptet, wir würden mit Worten die Welt verändern, ist somit zweifelsfrei bewiesen. Es reicht zu behaupten, man hätte die Welt in die Luft gesprengt, um eine Resolution der UNO zu riskieren.

  • Oder, um ein anderes Beispiel zu geben, zu behaupten, man habe im Bahnhof von Genf eine Bombe versteckt. Die Worte lösen nicht nur einen riesigen Polizeieinsatz aus, sondern auch Nachahmer.
  • Beim linguistischen Monarchen bin ich über „gefiederte Terroristen“ gestolpert. Eine schöne Bezeichnung für Raben, die bei mir natürlich sofort die Frage aufwirft, wie den Terroristen im Allgemeinen so sind. Hier die Antwort: Meistens sind die nur „mutmasslich“. Doch dann folgen „albanische“, „islamische“ und „palästinensische“ Terroristen. „Islamische“, „arabische“ und überhaupt „internationale“ Terroristen. Man sieht daran, dass die Daten des benutzten Korpus etwa Anfang des 21. Jahrhunderts enden. Sonst stünden die „albanischen Terroristen“ nicht an zweiter Stelle. Leider sind Terroristen häufig „gesucht“ (also noch nicht „gefunden“), manche sogar „meistgesucht“, weniger aber „verurteilt“, „getötet“ – und noch weniger „gefangen“ oder „einsitzend“. Das Leben als Terrorist ist also gefährlich. Doch immerhin: Viele Terroristen sind „ehemalige“. Das macht doch Hoffnung.
  • Schliesslich fand der Wortistiker die passende Bezeichnung für die vom Friedensnobelpreis geadelte Graswurzelbank: Nanobank.
  • In eigener Sache habe ich mich dazu entschlossen, ein Hard Bloggin‘ Scientist zu sein und freue mich, dort einen halben Kollegen gefunden zu haben.
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3 Antworten zu Sprechtäkeli: Mit Worten die Welt ins Jenseits bomben

  1. Thomas H. sagt:

    Auch noch bemerkenswert: fünf Terroristen (35) sind häufiger als sechs Terroristen (23). Also sind Gruppen von fünf Personen immer verdächtiger als Gruppen mit sechs Personen. Und zu unserem Glück sind keine Terroristen (61) noch viel zahlreicher.

  2. …da könnte man ja glatt eine soziologische Studie zur typischen Gruppengrösse von Terroristen verfassen, wobei die Frage ist, wie man da Selbstmordterroristen mitzählen kann. Die Zahlen zeigen auch, dass es Terroristen gibt, die es irgendwann nicht mehr sind (frühere: 13, ehemalige: 19), aber nur wenige davon ihr früheres Dasein auch bereuen (reuige: 10). Oder zumindest die Medien häufiger von ehemaligen und früheren Terroristen schreiben, seltener von reuigen, da man wohl sich gar nicht vorstellen kann, dass Terroristen reuig sein könnten…

  3. Sprechtakel sagt:

    Die letzte Sprechtäkeli-Schau förderte ja sehr explosive linguistische Bomben zutage. Die heutige Rückschau ist friedlicher:

    Nils befürchtet im GoetheBlog, bald nur noch automatisch generierte Geburtstagsnachrichten zu erhalten. Auch ich machte die

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