…und andere Helvetica

In Hamburg gibt es keine Dreikönigskuchen! Zum Glück konnte ich – als Helvetier – einen aus Haus-Produktion geniessen. Doch fragte ich mich dann sofort: Wer kennt ihn denn eigentlich, den Dreikönigskuchen mit dem versteckten Regenten?

Google hilft weiter, dachte ich. Auf deutschen Webseiten findet Google „ungefähr 12’300“ Treffer, auf schweizer Webseiten „ungefähr 370“. Man hat also nicht das Gefühl, dass die Schweizerinnen und Schweizer viel häufiger über Dreikönigskuchen schreiben als Deutsche. Im Gegenteil: Da er in Deutschland weniger bekannt ist, ist auch mehr Klärungsbedarf nötig. Oder wäre noch nötig. Doch die Erkärungen zeigen: Meine Illusion von der schweizerischen Besonderheit wird jäh zerstört: Der Dreikönigskuchen kommt aus Frankreich, Spanien und Italien.

Doch schweizerische Besonderheiten verbaler Art sind auch mir manchmal unbekannt. Wenn Jens-Rainer als Exildeutscher in der Schweiz seine liebe Mühe mit der Bedeutung des Wortes Pünten hat, habe ich das auch und lese verwundert und zweifle an meinen Schweizerdeutsch-Kenntnissen. Doch ich tröste mich: Das sind halt so regionale Spezialitäten… Ein Hamburger versteht einen Bayer auch nur bedingt.

Soviel also zu den eigenartigen Helvetica – doch, jetzt fällt es mir auf: der Titel „…und andere Helvetica“ ist wahrscheinlich ebenso unverständlich. Schliesslich lehrt mich Hugo Loetscher in seinem Artikel „Umwege und Winkelzüge – die Schicksalskarte der Bücher“ im aktuellen Du, wo er die Diskussion mit dem Verleger über den Titel seines Buches „Der Waschküchenschlüssel oder Was wenn Gott Schweizer wäre“ schildert:

In der Originalausgabe hatte der Untertitel gelautet „und andere Helvetica“. Aber „Helvetica“ war kein Wort, das deutsche Leser lockte. Ein Buch macht also schon Reiseerfahrungen, wenn es die Grenze innerhalb des eigenen Sprachraums überschreitet. (S. 72)

Naja, vielleicht locken wenigstens die helvetischen Berge…

Nachtrag: Im Kochtopf gibt’s das Rezept – und noch wichtiger: Das Foto dazu!

Dieser Beitrag wurde unter Sprechtakel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu …und andere Helvetica

  1. q-vadis.net sagt:

    Die einen behaupten “Wenn man nichts kann, wird man Lehrer und wenn man noch weniger kann Politiker” (das Erste glaube ich weniger). Andere weisen darauf hin, dass intelligente Völker ihre geistige Elite in die Führung schicken, um das be…

Kommentare sind geschlossen.