Übung Korpuslinguistik: Anwendungen

Korpuslinguistische Analyse von Argumentationsmustern

In einem Diskurs gibt es typische Argumentationsfiguren. Wenn es nun möglich ist, eine Reihe von Indikatoren auf der sprachlichen Oberfläche festzulegen, die für diese Argumentationsfiguren stehen, kann man in einem grossen Korpus gezielt nach diesen Argumentationsfiguren suchen.

Ein Beispiel für einen solchen Indikator ist "[sein]/[haben] nun einmal". Dahinter verbirgt sich oft ein sog. "naturalistischer Fehlschluss", oder ein "Schluss vom Faktischen zum Normativen". Man stellt fest, dass etwas irgendwie ist und sagt dann, dass es halt so ist und man das so akzeptieren muss.

Gibt man "ist nun einmal" in Google ein, findet man sofort folgende Treffer:

Die ersten 10 Google.com-Ergebnisse am 25. Januar 2006 auf "ist nun einmal"
Der Markt ist nun einmal nicht gerecht.
Er ist nun einmal so.
Dies ist nun einmal die Rolle, die er sein Leben lang am besten beherrscht hat.
Die Grundlagenforschung ist nun einmal für einen Aussenstehenden immer langweillig und...
...und das ist nun einmal die Moral im Sinne von "Sittsamkeit"...
Der Datenpreis ist nun einmal kein Benzinpreis mit dem man einfach so spekulieren könnte...
Es ist nun einmal eine Mitarbeiterfeier...
Mehrheit ist nun einmal Mehrheit.
Der Markt ist nun einmal nicht gerecht, und wer Gerechtigkeit gegen ihn durchsetzen will, indem er Löhne mit Verteilungszielen befrachtet, erzeugt nur Chaos.
etc.

Solche Indikatoren für Argumentationsmuster kann man natürlich - besonders bei der Verwendung eines morphosyntaktisch annotierten Korpus - noch komplexer beschreiben, z.B. auch in Form von Collostructions. Und in spezifischen Korpora zu einem bestimmten Diskurs werden die Ergebnisse ebenfalls genauer der gesuchten Argumentationsfigur entsprechen.